Hochschulhappen in Velten: Künstliche Intelligenz verständlich gemacht

Am 17. September 2024 fand im Ofen- und Keramikmuseum Velten der erste Hochschulhappen in Velten statt, veranstaltet von der Präsenzstelle der Hochschulen des Landes Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat Velten. Das Format kombiniert informative Vorträge mit kulinarischen Köstlichkeiten und zog an diesem Tag zahlreiche Interessierte an, um mehr über das Thema Künstliche Intelligenz (KI) zu erfahren.

Begrüßung und Einführung

Die Veranstaltung begann mit einer herzlichen Begrüßung durch die Organisatoren, die ihre Freude über die positive Resonanz und das große Interesse am Thema KI zum Ausdruck brachten. Besonders erfreulich war die Teilnahme von Menschen unterschiedlichen Alters, was die Relevanz des Themas für alle Generationen unterstrich.

Impulsvortrag von Prof. Dr.-Ing. Jörg Reiff-Stephan

Prof. Dr.-Ing. Jörg Reiff-Stephan von der Technischen Hochschule Wildau eröffnete seinen Vortrag mit einer kurzen Vorstellung seiner Hochschule. Er hob die moderne Infrastruktur hervor, darunter 50 Labore für Lehre und Forschung, die eine Vielzahl von Fachrichtungen abdecken. Die TH Wildau engagiert sich besonders im Bereich der menschenzentrierten Produktion, wie in der Forschungsgruppe iC3@Smart Production, die sich mit der Integration von Mensch, Maschine und Produktionssystemen beschäftigt.

Historischer Kontext der Künstlichen Intelligenz

Um das Verständnis für KI zu vertiefen, nahm Prof. Reiff-Stephan die Zuhörer mit auf eine Reise in die Geschichte der KI und betonte, wie Technik immer aus kulturellen Bedürfnissen heraus entsteht. Dabei hob er zwei bedeutende Persönlichkeiten aus Brandenburg hervor:

  • Fritz Lang und „Metropolis“ (1927): Der Regisseur Fritz Lang schuf mit „Metropolis“ einen Meilenstein des Science-Fiction-Films, in dem der künstliche Mensch „Maschinen-Maria“ eine zentrale Rolle spielt. Der Film thematisiert die Beziehung zwischen Mensch und Maschine und wirft Fragen über selbständig handelnde Maschinenwesen auf. Prof. Reiff-Stephan erläuterte, wie diese frühe Darstellung von künstlicher Intelligenz noch heute relevant ist, insbesondere in der Diskussion über starke und schwache KI.
  • Joseph Weizenbaum und „ELIZA“: Als Informatiker am MIT entwickelte Weizenbaum in den 1960er Jahren den Chatbot „ELIZA“, der menschliche Kommunikation nachahmen konnte. „ELIZA“ wurde ursprünglich entwickelt, um in Therapiesitzungen eingesetzt zu werden und analysierte die Sprache der Benutzer, um menschliches Handeln und Denken zu simulieren. Prof. Reiff-Stephan bezeichnete Weizenbaum als einen der Urväter von Sprachassistenten wie Alexa und betonte dessen kritische Haltung gegenüber der unreflektierten Anwendung von KI.

Definition und Verständnis von Künstlicher Intelligenz

Anschließend führte Prof. Reiff-Stephan eine klare Definition von KI ein: Es handelt sich um Systeme, die kognitive Fähigkeiten wie Mustererkennung, Lernen und Problemlösung nachahmen und dabei menschliches Handeln unterstützen oder erweitern. Er erläuterte das „KI-Universum“ mithilfe eines Schalenmodells, bei dem verschiedene Ebenen der KI ineinandergreifen:

  • Artificial Intelligence (AI): Der Oberbegriff für Maschinen, die intelligente Funktionen ausführen.
  • Machine Learning (ML): Ein Teilgebiet der AI, bei dem Maschinen aus Daten lernen.
  • Neural Networks: Strukturen innerhalb des ML, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind.
  • Deep Learning: Ein fortgeschrittener Ansatz innerhalb der Neural Networks, der mit großen Datenmengen arbeitet.
  • Generative AI: Systeme, die neue Inhalte erzeugen können, wie zum Beispiel Texte oder Bilder.
  • Large Language Models (LLMs): Modelle wie GPT-4, die in der Lage sind, menschliche Sprache zu verstehen und zu generieren.

Durch dieses Modell zeigte er, wie die verschiedenen Bereiche miteinander verknüpft sind und wie sie sich in aktuellen Anwendungen widerspiegeln.

Einfluss von KI auf unseren Alltag

Prof. Reiff-Stephan betonte, dass KI bereits seit rund 70 Jahren entwickelt wird und inzwischen fest in unserem Alltag verankert ist, oft ohne dass wir es bemerken. Er nannte zahlreiche Beispiele:

  • Smartphones mit Gesichtserkennung: KI ermöglicht es, Gesichter zu erkennen und Geräte sicher zu entsperren.
  • Social Media Plattformen: Algorithmen personalisieren Inhalte und Werbung basierend auf Nutzerverhalten.
  • Navigations-Apps: KI berechnet in Echtzeit die schnellsten Routen unter Berücksichtigung des Verkehrs.
  • E-Commerce: Online-Shops nutzen KI für Produktempfehlungen und personalisierte Werbung.
  • Selbstfahrende Autos und Smart Home-Technologien: KI steuert Geräte und Fahrzeuge, um Komfort und Sicherheit zu erhöhen.
  • Banken und Finanzdienstleistungen: KI analysiert Finanzdaten und unterstützt bei Kreditentscheidungen oder Betrugserkennung.

Obwohl diese Technologien allgegenwärtig sind, stellte sich heraus, dass nur wenige Anwesende aktiv Anwendungen wie ChatGPT oder selbst ältere Sprachassistenten wie Alexa nutzen.

Bedarf und Chancen von KI

Ein zentrales Anliegen von Prof. Reiff-Stephan war die Frage: Brauchen wir KI?

Er argumentierte, dass KI vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels unverzichtbar wird. Prognosen zufolge werden bis 2030 rund sechs Millionen Arbeitskräfte in Deutschland fehlen. Besonders im Produktionsbereich und Handwerk sind die Auswirkungen spürbar.

  • Entlastung durch KI: KI kann Routineaufgaben übernehmen, etwa in der Bürokratie oder Kundenakquise, und so Fachkräfte entlasten.
  • Niederschwellige KI-Nutzungen in KMUs: Kleinere und mittlere Unternehmen können von KI profitieren, ohne große Investitionen tätigen zu müssen.
  • Praxisbeispiele aus der Forschung: Prof. Reiff-Stephan stellte Projekte vor, wie etwa intelligente Aufzugssysteme, die mittels Sensorik und KI frühzeitig Defekte erkennen und so Wartungskosten senken.

Diese Beispiele verdeutlichten den praktischen Nutzen von KI und regten die Zuhörer zum Mitdenken an.

Diskussionsrunde

In der anschließenden Fragerunde stand die Rolle von KI für Senioren im Mittelpunkt. Es wurden Fragen gestellt wie:

  1. Welche Erleichterungen bietet KI für ältere Menschen?
  2. Wie kann KI den Alltag von Senioren verbessern, ohne das Zwischenmenschliche zu vernachlässigen?

Es wurde darauf hingewiesen, dass bereits Assistenzsysteme und Roboter entwickelt werden, die Senioren im Alltag unterstützen können. Gleichzeitig wurde Skepsis geäußert, insbesondere hinsichtlich des Verlusts persönlicher Interaktion. Die Organisatoren verwiesen auf eine frühere Veranstaltung zum Thema „KI in der Pflege“, bei der konkrete Lösungen präsentiert wurden.

Kulinarischer Ausklang und Ausblick

Nach dem informativen Vortrag und der lebhaften Diskussion ließen die Teilnehmer den Vormittag bei einem kulinarischen Happen in geselliger Runde ausklingen. Viele zeigten sich gespannt auf zukünftige Veranstaltungen im Rahmen der Hochschulhappen.

Über die Präsenzstelle der Hochschulen des Landes Brandenburg

Die Präsenzstelle der Hochschulen des Landes Brandenburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, Studienorientierung zu bieten und Wissenschaft für alle zugänglich zu machen. Neben der Organisation des Brandenburger Science Slam bringt sie mit Formaten wie den Hochschulhappen Forschung und Alltag näher zusammen. Die Veranstaltung in Velten war bereits die sechste ihrer Art und markierte den erfolgreichen Auftakt in dieser Region.