Abschalten auf Mallorca – wenn Radlerinnen einmal die Räder stehen lassen

Normalerweise wäre jetzt die Rede von Anstiegen, von Gegenwind, von der einen Kurve, die allen noch lange in Erinnerung bleibt. Doch dieser Juli war anders. Neun Frauen, alle mit dem Herzen in der Radlergruppe Velten, packten ihre Koffer – ohne Helm, ohne Radschuhe, ohne Muskelkater-Ambitionen. Mallorca wartete. Aber diesmal nicht die Serpentinenstraßen durchs Tramuntana-Gebirge, sondern das Leben in seiner leichten Sommerform.

Schon der erste Morgen fühlte sich irgendwie ungewohnt an. Kein „Wer führt heute?“, keine Karten auf dem Tisch, keine Sorge ums Wetter. Stattdessen: salzige Luft, ein gedeckter Frühstückstisch auf der Terrasse und das leise Rauschen der Pinien in der warmen Brise.

„Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal nicht mit dem Rad unterwegs war“, sagte eine, während sie ihren Kaffee umrührte. Allgemeines Nicken. Dann Schweigen. Dann Lachen.

Die Woche war gefüllt – aber anders gefüllt. Mit einem Boot ging es raus auf die Bucht. Der Kapitän, ein Mallorquiner mit Sonnenhut und trockenem Humor, zeigte uns versteckte Ecken zwischen Felsen und Fischernetzen. Wir sprangen – wirklich: sprangen! – ins unfassbar klare, hellblaue Wasser. Eine nach der anderen, unter Applaus. Manche mit kurzem Zögern, andere mit lautem „Jetzt oder nie!“.

Palma empfing uns später mit seinem ganz eigenen Rhythmus. Zwischen alten Steinen und modernen Boutiquen verloren wir uns in Gassen, fanden wieder zueinander bei Café con leche und Mandelkuchen. Nur ein kleiner Vorfall trübte kurz die Stimmung: Eine von uns wurde in der Altstadt bestohlen, Handtasche weg. Doch der Schreck wich bald dem Pragmatismus – Karten sperren, Polizei, gemeinsam durchatmen. Und weiter.

Formentor stand auch auf dem Plan – nicht erradelt, sondern mit Bus und bequemen Schuhen. Der Blick war derselbe, das Staunen auch. „Hier hätte ich mein Rad gerne dabeigehabt“, murmelte eine. Aber es blieb beim Gedanken.

Die Nachmittage verbrachten wir lesend, plaudernd, manchmal einfach nur schauend. Sonnenuntergänge überm Meer sind eben auch eine Form von Bewegung – innerlich. Und wer sagt eigentlich, dass Aktivsein immer Kalorien verbrennen muss?

Diese Reise war anders. Sie war ein Geschenk. Kein Durchhalten, sondern Zulassen. Kein Wettbewerb, sondern Nähe. Kein Kilometerzählen, sondern Zeiterleben.

Sie kehren zurück – ohne Muskelkater, aber mit warmem Herzen. Und der leisen Ahnung, dass Radfahren wunderbar ist. Aber gemeinsam Abschalten? Vielleicht noch schöner.

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